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Schlagworte:
Ostsee, Sturmflut 1872, hydrodynamische Simulation, BiaskorrekturÜber dieses Buch
Das Leben an den Küsten der Ostsee war und wird von Sturmflutereignissen geprägt (z. B. Petersen & Rhode 1979). Zur Verbesserung der Datengrundlage und somit Entscheidungsgrundlage zum Hochwasserschutz, wird die Integration von Informationen von historischen Ereignissen immer wieder empfohlen (z. B. DWA M-552). Informationen über Wasserstände, besonders von historischen Ereignissen, stehen jedoch oft nur punktuell zur Verfügung. Um also eine valide Grundlage zur Bemessung an Küstenabschnitten ohne Informationen über beobachtete Wasserstände zu erhalten, ist eine hydrodynamische Simulation zur räumlichen und zeitlichen Informationserweiterung oft unerlässlich.
Im November 1872 kam es im Bereich der deutschen und dänischen Ostseeküste zu einer extremen Sturmflut von seitdem nie wieder erreichten Ausmaßen (z. B. Jensen & Töppe 1986; 1990). Die Wasserstände lagen dabei über allen bis dahin bekannten Werten - auch wenn immer wieder in den vergangenen 1000 Jahren von ähnlichen Sturmflutkatastrophen berichtet wurde. Die dennoch oft als „singuläre“ bezeichnete Sturmflut (bzw. Ausreißer) stellt zugleich den Beginn, als auch die größte Herausforderung des modernen Küstenschutzes dar. Neben den außergewöhnlich hohen Wasserständen, ist die erstmalige Messung und Überlieferung der Wasserstände, sowie die detailtreue Beschreibung der Genese, des Verlaufs und der Folgen die Besonderheit dieser Sturmflut (z. B. in Baensch 1875). Jedoch sind die zur Verfügung stehenden Wasserstände nur punktuell verfügbar und ggf. mit Unsicherheiten verbunden. Um ein vollständiges Bild über die Wasserstände dieser Sturmflut zu erhalten und die Unsicherheiten abschätzen zu können, wurde mit Hilfe eines bestehenden hydrodynamisch-numerischen Modells der Ostsee die Sturmflut von 1872 simuliert. Die Simulation, besonders von Extremereignissen, geht oftmals nur mit Kompromissen in der Genauigkeit der Modellergebnisse einher. Um Ergebnisse zu erzielen, die hohen qualitativen Ansprüchen genügen, können modellgenerierte Daten im Anschluss über eine statistische Korrekturfunktion (sog. Biaskorrektur) lokal korrigiert werden, die sich anschließend invers distanzgewichtet auf die Küstenlinie übertragen lässt. Anhand des Beispiels der Sturmflut von 1872 im Bereich der südwestlichen Ostsee wurde hier die statistische Korrektur von Modellergebnissen als geeignetes Mittel zur Optimierung von Modellergebnissen nachgewiesen. Die damit getroffenen Annahmen wurden geprüft und als plausibel gewertet. Dadurch wurde ein semi-statistischer und semi-hydrodynamischer Datensatz für die Küstenlinie der Ostsee im Betrachtungsraum generiert, der die lokal vorhandenen Wasserstandsbeobachtungen während der Sturmflut valide widerspiegelt und hohen Ansprüchen genügt. Dieser kann als Grundlage zur Optimierung für den Küsten- und Katastrophenschutz für die deutsche Ostseeküste genutzt werden.
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